Gastbeitrag von Benedikt Mayer
Nachdem ich wochenlang die Website von „Anna-Blume-Charter“ und die Gewässerkarten um Berlin studiert hatte, hielt ich es nicht mehr aus: Ich buchte für eine Woche die Sloep „Lucia“. Meiner Frau und mir erschien der Vorschlag des „Hotel-Hopping“ sehr verlockend. Um es vorweg zu nehmen: es war richtig, richtig schön!
An einem Montag bestiegen wir bewaffnet mit 2 Koffern die S-Bahn nach Königs Wusterhausen, wechselten dort in den Bus nach Niederlehme und standen wenig später auf dem Steg in der Marina. Vor uns wiegte leicht im Wasser der Dahme die Sloep, die für die nächsten Tage der Mittelpunkt unseres Kurz-Urlaubs sein sollte. Sehr sympathische Linien, dezente Klasse, viel Platz für zwei Leute, kompakte Außenmaße; das Cabrio-Verdeck versprach ausreichend Schutz vor den drohenden Regengüssen. Schon kroch das Gefühl des Sich-Zeit-Lassens in unsere Köpfe.
Entsprechend ausgiebig geriet die Einweisung durch das freundliche Personal der Marina; vieles an der Sloep ist selbsterklärend. Schließlich machten wir die Leinen los und tuckerten langsam dahmeabwärts nach Norden. Unser erstes Ziel war das Hotel Dämeritzsee. Weil das Wetter nicht unser Vertrauen genoss, wollten wir zunächst möglichst schnell dort einchecken. Im Gosener Kanal holten uns aber die Wolken ein und ein kräftiger Schauer testete das Verdeck auf Dichtigkeit. Vor dem Hotel machten wir am Gelbe-Welle-Anleger fest, bezogen unser Zimmer und genossen ein spätes Mittagessen. Danach lockte uns der Sonnenschein zu einer ausgiebigen Erkundungsfahrt nach Klein-Venedig, auf den Flakensee und in die Löcknitz. Der hereinbrechende Abend auf der Hotelterrasse war ein Bilderbuch-Abschluss für den ersten Urlaubstag.
Waldhaus Prieros
Am zweiten Tag wollten wir in das Waldhotel Prieros am Streganzer See erreichen; wir hatten dort für zwei Nächte reserviert. Dazu mussten wir den Weg zurück an der Marina Niederlehme vorbei nehmen. Um ein Gefühl für den Diesel-Verbrauch der Sloep zu bekommen, tankten wir in Königs Wusterhausen. Zufrieden konnten wir feststellen, dass „Lucia“ mit knapp über 1 l Diesel pro Stunde auskam: wir würden ohne Tanken über die Woche kommen. Nach einer geruhsamen Fahrt (zwei Schleusen) erreichten wir das Hotel tief im Wald südöstlich von Prieros, machten am großen Steg fest und stiegen über den herrlich terrassierten Garten zum Hauptgebäude hinauf, einer Villa aus der Gründerzeit. Die Zimmer waren in kleineren Gebäuden im Wald verteilt. Die zwei Nächte dort, die Wanderungen durch den Wald, die Abendessen über dem spiegelglatten Streganzer See: sie waren perfekte Entspannung.
Am dritten Tag fuhren wir die Teupitzer Seenkette bis zum Ende und langsam wieder zurück. Wir waren inzwischen ganz begeistert von Lucias Fahreigenschaften: Sie liegt gut am Ruder, ist sehr wendig und dreht auf dem Handteller; dabei ist der Innenbord-Diesel fast nicht zu hören. Immer wieder schreckten wir Reiher, Kormorane oder Haubentaucher auf, die uns erst spät bemerkten. Wenn die elegante Sloep aber von Mitmenschen entdeckt wurde, folgten ihr wohlwollende Blicke und oft auch freundliche Worte.
Storkower Kanal
Nach dem Abschied vom Waldhotel Prieros tuckerten wir die lange Etappe bis nach Bad Saarow am Nordende des Scharmützelsees. Die Fahrt war sehr abwechslungsreich über den einsamen Wolziger See, den verwinkelten Storkower Kanal und die bilderbuchmäßige Storkower Schleuse. Auf dem Scharmützelsee herrschte reger Verkehr, vor allem die zahlreichen Segelschiffe forderten Aufmerksamkeit. Trotzdem blieb Zeit, die Dimension des Sees zu genießen. In der Marina an der Freilichtbühne Bad Saarow legten wir schließlich an und suchten unser Hotel auf, das in der dritten Reihe hinterm Strand mit moderaten Preisen lockte. Zwei Nächte blieben wir hier in freundlicher Familien-Atmosphäre.
Nach einer ausgiebigen Besichtigung von Bad Saarow samt Auffrischung unserer Bord-Vorräte zog es uns bei herrlichem Sonnenschein aber doch wieder auf’s Wasser. Wir dümpelten am Ostufer nach Süden, machten immer wieder halt, schwammen, lasen oder verkosteten das eben eingekaufte Picknick.
Dann war unser letzter Tag mit Lucia schon da. Die leise Wehmut beim Einstieg wich schnell dem Genuss des Morgens auf dem weiten Scharmützelsee. Hier wurden wir (endlich einmal) von der Wasserschutz-Polizei kontrolliert, die zufrieden feststellte dass Papiere und Ausrüstung lupenrein und vollständig waren.
Auf dem Scharmützelsee
Der Respekt vor der Länge der Etappe zurück nach Niederlehme erwies sich als unbegründet. So blieb genug Zeit für eine ausgiebige Mittagspause auf dem Wolziger See. Aber letztlich konnten wir der abendlichen Rückgabe „unserer“ geliebten Sloep nicht entkommen. Der Tankstopp kurz vor Fahrtende bestätigte unsere Schätzung über „Lucias“ Genügsamkeit.
Die Woche „Hotel-Hopping mit Lucia“ erwies sich als außerordentlich geruhsam und abwechslungsreich. Das Buchen der Hotels per Telefon war problemlos in 15 Minuten erledigt. Weil wir erst gegen Ende August unterwegs waren, entkamen wir den Mückenschwärmen. Das Gleiten über Seen und Kanäle durch Natur und Siedlungen hat mit dem berühmten „Blick vom Wasser aus“ einen großen Reiz. Die Entschleunigung der Fortbewegung im Boot in Verbindung mit den bequemen Übernachtungen in den Hotels und ausgiebigem Studium der Frühstücksbuffets war nachdrücklich erholsam. Und es war einfach herrlich, als wir an der Hotel-Rezeption auf die Parkmöglichkeit hingewiesen wurden und antworten konnten: „Vielen Dank, aber wir sind mit dem Boot da!“