Neulich auf der Spree: Ich fahre mit Lucia und vier zahlenden Gästen stromaufwärts Richtung Innenstadt, immer schön in der rechten Hälfte des Fahrwassers. Geschwindigkeit – vorsichtig ausgedrückt – stramm am oberen Rand des Zulässigen. Trotzdem und trotz Gegenverkehrs anderer Ausflugsschiffe, beginnt ein Dampfer links zu überholen. Schön, weichen wir eben noch ein bisschen weiter nach Steuerbord aus. Die Geschwindigkeitsdifferenz ist gering, langsam schiebt sich der Dampfer (mit ziemlich geringem Abstand) seitlich vorbei.
Und dann – er hat uns gerade etwa zu Zweidrittel passiert – wird er plötzlich langsamer und ein Matrose gibt Zeichen, dass er an der Steuerbordseite anlegen will. Was macht man in der Situation? Hebel auf den Tisch und Gefahr laufen, zwischen Dampfer und Steg eingeklemmt zu werden? Oder Gas weg und dann in scharfem Linksbogen hinter dem Heck des Ausflugsschiffes ausscheren? Ich habe mich für letzteres entschieden, was auch problemlos geklappt hat. Aber ich frage mich, was passiert wäre, wenn ich mit einem kleinen 300 kg-Boot und 10 PS- Außenborder versucht hätte, durch das immer noch kabbelige Kielwasser des Schiffs zu pflügen, statt mit einer kräftigen und stabilen Sloep.
Sicher, die Kapitäne der Ausflugsschiffe sind im Stress und müssen einen Fahrplan einhalten. Und ja, die Freizeitskipper stellen sich manchmal dusslig an und sind mit ihren Yachten und Sportbooten tierisch im Weg. Trotzdem: Muss deshalb gleich Anstand, Rücksicht und gute Seemannschaft über Bord geworfen werden?
Mit den Profikollegen der Frachtschiffe, die mit ihren Riesenpötten sicher nicht weniger Stress haben, haben wir hingegen bisher überwiegend gute Erfahrungen gemacht. Da wird man schon mal in der Schleuse nach vorne gewunken oder – wenn wir hinter ihm stehen – gibt der Skipper ein Warnzeichen, bevor er seinen Propeller drehen lässt. Geht doch. Nur bei einigen Berliner Ausflugsschiff-Kapitänen ist offenbar noch nicht angekommen, dass man mit Freundlichkeit und Kooperation weiterkommt als mit Rambo-Manieren.
Tags: Gedanken, Lucia, Seemannschaft, Spree