Gestern war es dann soweit: Nach erfolgreicher Einweisung durch Annette und Hansjörg übernahmen wir LUCIA am ehemaligen Aparthotel in Köpenick. Es war noch etwas frisch um 9.30 Uhr, weshalb wir froh über das halb geöffnete Cabrio-Verdeck waren, denn bei unseren ersten Probemanövern wehte uns doch ab und an eine sehr kühle Brise um die Ohren. Aber das Wetter versprach, schön zu werden.
Reiher im Wind
Auf der zu dieser Zeit noch unbelebten Spree testeten wir zunächst Aufstoppen, Kurven fahren mit weniger und viel viel mehr Speed sowie beidseitiges Anlegen. Schnell zeigte sich, dass im Vergleich zu Stahlverdrängeryachten hier ein richtiger Quirl am Werke ist. Munter sprintet das Böötchen los und lässt sich unter allen denkbaren Umständen locker einfangen. Geradezu spielerisch kann man mit LUCIA zielgenau in die schmalsten Lücken schlüpfen. Deutlich wurde schon zu dieser Zeit, dass das GfK-Boot „eher auf als im Wasser fährt“, sprich weniger tief liegt und dazu ob seiner Leichtigkeit sehr behände ist. Mit beherztem Gasstoß, den das Boot ziemlich unmittelbar in ordentlichen Vortrieb umsetzt, fällt es z.B. auch leicht, einem unbemerkt leise heranschleichenden Binnenfrachter o.Ä. recht flink zu entkommen. Doch zum Verhalten des Bootes später noch Weiteres.
Neu-Venedig
Unser Törn führte uns ostwärts über Spree, Alte Spree, Müggelspree, und Großer Müggelsee zunächst nach Neu Venedig. Dies war ein langersehntes Ziel, waren uns doch die Kanalfahrten in diesem Gebiet wegen des Tiefganges der Kajütboote und deren hohem Aufbau bislang verwehrt. Gemütlich zogen wir unsere Kreise und vermieden die allzu niedrigen Brückendurchfahrten – Grachtengefühl kam auf. Hier war LUCIA in ihrem Element! Locker eingekuppelt befuhren wir die Kanäle mit den max. erlaubten gemütlichen 5 km/h. Weiter ging es über den Dämeritzsee Richtung Flakensee mit Abstecher auf die Löcknitz, wo wir am Imbiss „Löcknitz-Idyll“ festmachten. Backbordseitiges Anlegen ist eine Wucht mit LUCIA. Mit halbem Schritttempo ran, rückwärts einkuppeln und das Boot zieht sich mit dem Radeffekt ans Ufer; eines eigentlichen Aufstoppens bedarf es unter diesen Umständen nicht. Tut man es doch, erlebt man eine Überraschung. LUCIAs Radeffekt ist einfach super! Das hätten wir uns beim Führerschein gewünscht – immer die Diskussionen mit „rechtsdrehendem Propeller, der das Boot rückwärts …“. Später haben wir es auf einem ruhigen Seeabschnitt noch mal ausprobiert: Rückwärtsgang und reichlich Gas – so eine coole Wende auf untypische Weise bringt ein Grinsen aufs Gesicht.
Ohne erneuten Abstecher nach Neu Venedig ging es schließlich zurück. Der Himmel hatte sich ein wenig bezogen, Wind kam auf und eine kleine steile Welle stand uns auf dem Großen Müggelsee entgegen. Tapfer hielt LUCIA Kurs, aber das Auf und Ab nervte doch auf die Dauer. Bauartbedingt hüpfte das Boot bei diesen Bedingungen wie ein Korken auf dem Wasser, nahm auch jede Kreuzwelle mit, sodass wir schließlich die Geschwindigkeit auf ein magenschonenderes Maß reduzierten. Hier wie auch beim Durchfahren vom Schwell anderer Boote ist ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit gefordert; nicht so sehr vom Rudergänger, vielmehr von der Restbesatzung, die je nach momentaner Beschäftigung von den plötzlichen Rollbewegungen des Bootes überrascht sein dürfte und sich womöglich mit dem eigenen Kaffee begießt.
An der Alten Spree tankten wir auf http://www.bootcharter.de/blogbuch/?tag=tankstelle , was an sich relativ unspektakulär ist, hält man sich an die dortigen schriftlichen Hinweise. Wichtig ist, dass man nach dem Betanken nochmals seine EC-Karte einführt, sonst klappt es nicht mit Abrechnung und Belegdruck.
Gegen 17.30 Uhr machten wir dann am Ausgangspunkt wieder fest, klarten LUCIA auf und ließen den erlebnisreichen schönen Tag mit einem Abendessen ausklingen.
FAZIT: Vorurteile sind abgebaut! Sloepen macht Spaß – LUCIA speziell tat uns gut. Äpfel mit Birnen zu vergleichen, macht wenig Sinn. So gilt das auch für Kajütboote und Sloepen – schmecken tun sie beide, je nachdem auf was man gerade Appetit hat. Überrascht hat uns das Fahrverhalten des sehr gut motorisierten kleinen Bootes. So würde sich aus unserer Sicht eine Sloep auch als Ausbildungsboot zum SBF anbieten, weil aufgrund der direkten Bootsreaktionen auf Ruder und Gas unmittelbar das Aha-Erlebnis und der gewünschte Lerneffekt eintreten.
Liebe Grüße, JuG
PS.: Die PERSPEKTIVE: Ich hatte es vergessen, aber DIE ist unbeschreiblich. Unsere Kajütbooterfahrungen stützen sich im Wesentlichen auf Törns mit dem „verblichenen“ FELIX KRULL und Touren mit ANNA K.. Bei Beiden sitzt man relativ erhaben über dem Geschehen rund um einen herum. In der Sloep sitzt man mittendrin – was auch die liebevollen Ausrufe von Paddlern und Kanuten bestätigten. Die Großen werden im engen Revier bewundert, die Kleinen darüber hinaus begeistert empfangen! Die Farbgestaltung der „ABC“-Boote sprechen offenbar Viele an, jedenfalls hörten wir andauernd Positives.; egal, ob von Fischern, Schnackern oder Yachties-Leuten.
Gerade sprach ich mit meinem Nachbarn (PEDRO Levante, je größer je lieber) zum Thema – er hat die gleichen Vorbehalte – will sich aber bei Gelegenheit eines Besseren belehren lassen; er weiß auch schon, wo 😉 Na ja, geht doch …